Berufswahl: Lebenslange Berufung?

In meiner Arbeit als Job Coach treffe ich tagtäglich auf junge Menschen, die sich auf der Suche nach ihrem beruflichen Weg befinden. Dabei stelle ich immer wieder fest, dass trotz der Annahme, die heutige Jugend hätte ein ganz neues Verständnis von Arbeit, viele von ihnen doch den Spuren traditioneller Berufsbiografien folgen. Es ist interessant zu beobachten, wie tief verwurzelt diese „herkömmlichen“ Wege sind, sei es die Fortsetzung des ursprünglich erlernten Berufs oder die Kapitulation vor den berufsperspektivischen Vorstellungen, welche das Familiensystem stellt.

Diese traditionellen Pfade sind oft stark in den Familienstrukturen verankert und spiegeln sich auch in der Annahme wider, dass häufige Jobwechsel im Lebenslauf ein negatives Bild erzeugen könnten. Dabei bleibt die Wichtigkeit eines Abschlusses – sei es eine Lehre, ein Berufsattest oder eine Maturität – als „Eintrittsticket“ in unser sozioökonomisches System bestehen. Nicht zu vergessen, dass der Weg ohne einen solchen Abschluss schwierig sein kann und oft im Niedriglohnsektor endet und dadurch viel Druck erzeugt.

Hier sehe ich einen wichtigen Aufklärungsbedarf: Viele Jugendliche sind sich nicht bewusst, dass der erlernte Beruf nicht unbedingt ihre Berufung sein muss. Die Entscheidung für einen Berufsweg inmitten der stürmischen Adoleszenz, wenn man noch dabei ist, sich selbst und seine Vorlieben zu entdecken, ist keine leichte. Es ist eine Zeit grosser Veränderungen, eine Phase, in der frühere Berufsträume oft der Realität weichen und das Erkennen eigener Talente und Fähigkeiten weit über die Schulzeit hinausgeht.

Es ist problematisch, dass unser Bildungssystem schon in jungen Jahren suggeriert, jeder (Mensch) könne alles erreichen, wenn er sich nur genug anstrengt. Diese Botschaft ignoriert die Grenzen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Realität. Deshalb ist es so wichtig, Jugendlichen in ihrem Berufswahlprozess ein Gefühl der Sicherheit zu geben, sie dabei zu unterstützen einen Beruf oder ein Berufsfeld zu finden, in dem sie sich eine Ausbildung vorstellen können. Dabei sollten wir den Fokus darauflegen, dass es nicht unbedingt ihre lebenslange Berufung sein muss, sondern vielmehr ein solider Grundstein, auf dem sie ihren weiteren beruflichen Weg aufbauen können.

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